Mythos? Nein danke. Nicht den üblichen
Mythos, an dem sich moderne Künstler abarbeiten, nachdem solches
Abarbeiten vielfach Erfolg erzeugte. Also ich spreche meine Muttersprache
deutsch und holpere nicht für irgendwelche Aktionäre in verflachendem
Englisch herum. Und ich bin unordentlich. Vital. Das unterliegt bei 80
Prozent der Künstler, die ich 2020 antreffe, in deren Äußerungen einem
merkwürdigen Verbot. Die gestalten sich in den Werken, die sie zu
verkaufen versuchen, reduziert, reproduzierbar. Ich sage: Mechanistisch.
Das Gegenteil dazu, den Berserker, zelebriere ich auch nicht. Ich bin mehr
Kind und Mensch beim Malen als meine Mitbewerber. Weniger Verkäufer als
diese. Mythos? Nein danke.
Mythos? Ja dann doch. Nämlich den Mythos des spontanen Genies, des
Linkshänders. Was hier in diesen 34 Minuten zusammenläuft, ist:
- sehr wohl Planung
- Ankündigung und Freude daran, dass Planung nur das eine ist, und im
Fluss des Ablaufs dem Instinkt, dem nicht bombastischen, sondern echten,
wie nebenbei einfließenden Ausbrechen Platz gelassen wird
- paralleles Interpretieren, Beschreiben der eigenen Gefühle beim Malen,
handwerkliches Arrangieren der Malflächen und Malwerkzeuge, Beachten der
Kamera-Perspektive. Ein redendes, handelndes, beim Kunstschaffen in
Sekundentakten entscheidendes Konglomerat.
Versucht dieses Ereignis mal nachzustellen. Ihr müsst mehr planen, vorher
üben, länger arrangieren. Euch wird eine Regie zuschauen müssen. Da lache
ich drüber.
Solches Lachen durchzieht diesen flott durchgezogenen Malwurf: Hurra, es
geht weiter, als sei ich ein stetiger Maler. Nein, bin ich nicht. War ich
vielleicht nie. Ich kann es, aber ich tue es nur selten. Weil ich das
Malen im Sinne meiner eigenen Ansprüche nur "modern" kann und nicht
klassisch. Ich kann nur unter großen Mühen tolle Porträts und korrekte
Menschen malen. Da habe ich nicht die erforderliche Lebensenergie
hineingesteckt. Ich empfinde mich als handwerklichen Stümper und reiche
dabei allerdings fünfundneunzig Prozent der modernen Maler die Klinke in
die Hand.
Als "Mythos" empfinde ich es, dass ich überhaupt von "Malen" rede bei
meinem Exkurs hier, bei vielen meiner Gemälde: Indem ich weiß, was Moderne
ist, springe ich in diesen mit Mythos statt mit Handwerk leistbaren Kunstsektor
hinein - und lache aber: Hallo Leute, hallo Stümper, hier kommt ein
modernes Medien-Ereignis, das in der Art seines Verlaufs, mit diesem
ungeeigneten Raum, diesem ungeschützten Parkettboden, dieser Enge der
Malecke, dem Krempel drumherum zugleich sich als Randwurf, als Ignoranz
von Mythen künstlerischen Schaffens erlebt, und diese Darstellungsweise
ausdrücklich wünscht.
Bye Bye, Malerei. Hello, konzentriertes easy come, easy go. Typische
Mythen der Moderne: Ade. Hier kommt eine Wahrheit, eine Wildheit, eine
kompakte Schönheit. Hier kommt Chris Mennel 2020.
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Kommentar 2022:
"Naiv kann ich nur einmal sein", sage ich mir. Nach Möglichkeit richte ich
die Kamera auf Momente, in denen ich ein Segment der Kunst zum erstenmal
betrete.
Oben zeige ich über 36 Film-Minuten hinweg das erste Entstehen von
"Atembildern". Das Prinzip der Striche, mit denen ein Maler atmet, ist
klassisch. Mit meinen "Atemfeldern" stelle ich die persönliche Version
vor.
Vergleichbares kann ich auf Kundenwunsch hin wiederholen: Chris Mennel
Atembilder sind bestellbar. Im Voraus trete ich nicht erneut an dieses
Projekt, an dieses Kunstangebot heran.
Der Ablauf der Bilderstellung wird vergleichbar sein - nur möchte ich
lieber schweigen beim Malen. Eine erneute Aufzeichnung mit der Kamera
würde im Vergleich zum launischen, selbst-lernenden, überraschten,
sprechenden Erst-Dokument leiern. Vielleicht erstelle ich ein
Zeitraffer-Dokument jeder Atem-Malerei.
Das Originalband dauert 36´18 Minuten. Das hier zu einer gewissen
Unterhaltsamkeit gekürzte Filmdokument dauert 33´48 Minuten.